Kernforderungen des Landkreises Rosenheim

zu den Variantenentscheiden der Deutschen Bahn

vom 25.10.2023

 

 

Präambel – generelle Forderungen

 

 Der Landkreis Rosenheim fordert die Erbringung des grundsätzlichen Nachweises dafür, dass für die Umsetzung des Brenner-Nordzulaufs die Errichtung einer Neubaustrecke tatsächlich erforderlich ist. Kann dieser Bedarfsnachweis nicht erbracht werden, ist das Projekt aufzugeben.

Unabhängig von der Neubauplanung müssen folgende Maßnahmen zur wesentlichen Verbesserung der derzeitigen Situation umgesetzt werden:

 

  • Sofortige Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen an der Bestandsstrecke nach Neubaustandard und unverzügliche Umsetzung der bereits 2016 getroffenen Zusagen zum überobligatorischen Lärmschutz bestehender Trassenabschnitte sowie Ausbau der Bestandsstrecke mit ETCS.

 

  • Einführung des Halbstundentakts im Schienenpersonennahverkehr nach München, Salzburg und Kufstein sowie Ausbau des Angebots im Schienenpersonenfernverkehr

 

  • Barrierefreier Ausbau aller Bahnhöfe und Haltestellen im Landkreis Rosenheim

 

  • Fertigstellung der ABS 38 (Bahnstrecke München – Mühldorf – Freilassing / Salzburg) sowie Ertüchtigung (insbesondere Elektrifizierung) der Bestandsstrecke Rosenheim-Mühldorf-Landshut

 

Für den Fall, dass es zur Umsetzung der Neubaustrecke für den Brenner-Nordzulauf kommt, fordert der Landkreis Rosenheim die Minimierung des Flächenverbrauchs für Baustelleneinrichtungen und Zwischenlagerungen für die Bauphase. Vorrangig müssen dazu staatliche Flächen in Anspruch genommen werden.

 

Darüber hinaus ist für aufgelassene Streckenabschnitte ein vollumfänglicher Rückbau einschließlich der vorhandenen Dammschüttungen sicherzustellen.

 

Des Weiteren muss von der Bundesregierung bis zum Beginn der Baumaßnahme eine Lösung für die Probleme der Blockabfertigung im Inntal erzielt werden. Keinesfalls darf es in der Bauphase zu Blockabfertigungen kommen, da es andernfalls zu einer dauerhaften infrastrukturellen und wirtschaftlichen Schädigung der gesamten Region kommt.

 

Kernforderungen

 

Der Landkreis Rosenheim fordert:

 

  1. Innunterquerung nördlich von Rosenheim und eine maximale Tunnellösung nördlich von Rosenheim einschließlich Prüfung weiterer Trassenalternativen (z.B. Trassenvorschlag „Orange“)

Die Trasse des Variantenentscheids führt aufgrund ihrer oberirdischen Lage (Kombination aus Dammschüttung und Brückenkonstruktionen) zu einer massiven Durchschneidung des Raums nördlich von Rosenheim. Damit kommt es zur Zerstörung des Landschaftsbildes und der Naherholungsgebiete, zu einer Vernichtung von landwirtschaftlichem Nutzgrund und somit insgesamt zu einer erheblichen Abwertung und Schädigung der Region.

In Bereich nördlich von Rosenheim muss daher die Trasse weitestgehend in Tunneln und Trogbauwerken geführt werden. Eine Möglichkeit dazu wird z.B. in der Trassenvariante „Orange“ aufgezeigt. Diese ist auf Durchführbarkeit zu überprüfen. Sollte sie nicht in Betracht kommen, sind Trassenalternativen zu ermitteln, die eine Innunterquerung nördlich von Rosenheim ermöglichen.

 

Im Detail sind weiterhin insbesondere folgende Maßnahmen umzusetzen:

 

  • Verschiebung der Verknüpfungsstelle Ostermünchen nach Norden
  • Erhalt der bestehenden Bahnstrecke sowie des Bahnhofs Ostermünchen.
    Für den Fall einer Weiterplanung der Variante A60 (Neubau Bahnhof Ostermünchen) ist ein Personenaufzug für diesen neuen Bahnhof zu berücksichtigen.
  • Einhausung / Untertunnelung im Bereich Stetten-Sportanlage-Brettschleipfen (Gemeinde Tuntenhausen)
  • Untertunnelung bei Mühlbach (Gemeinde Großkarolinenfeld)

 

 

  1. Tunnel von Kirnstein bis zur Innleiten

 

Da es bei einer oberirdischen Trassenführung zu einer nicht hinnehmbaren Zerschneidung der Landschaft und damit zu erheblichen Beeinträchtigungen für den Lebensraum von Mensch und Natur sowie auch zu schadhaften Auswirkungen für die Landwirtschaft und den Tourismus kommt, ist ein durchgehender Tunnel von Kirnstein bis zur Innleiten umzusetzen.

Sofern die Forderung eines durchgehenden Tunnels nicht erfüllt wird, ist der Innleitentunnel mit der technisch maximal möglichen Länge auszuführen und die Länge des Überholbahnhofs auf das Mindestmaß zu reduzieren.

 

 

  1. Verlegung der Verknüpfungsstelle Kirnstein in den Wildbarren

 

Die Errichtung einer oberirdisch geplanten Verknüpfungsstelle Kirnstein wird abgelehnt. Stattdessen muss die Verknüpfungsstelle Kirnstein in bergmännischer Ausführung in den Wildbarren verlegt werden. Entsprechend der vorliegenden aktuellen Studie der „Bergmeister innovative & responsible engineering“ (Österreich), „HBI Haerter AG“ (Schweiz) und „Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen STUVA e. V.“ (Deutschland) ist die Umsetzung einer unterirdischen Verknüpfungsstelle grundsätzlich möglich und genehmigungsfähig.

Für den Fall, dass die Forderung nach einer Verlegung der Verknüpfungsstelle Kirnstein in den Wildbarren abgewiesen wird, müssen dann die Bestandsgleise im Bereich der Verknüpfungsstelle in westlicher und die Neubaugleise in östlicher Richtung nebeneinander angeordnet werden, um den enormen Flächenbedarf mit schädlichen Auswirkungen für Landwirtschaft, Landschaft, Natur und für die Bevölkerung im Inntal zu reduzieren.

 

 

  1. Schutz der Landwirtschaft: Ökologischer Ausgleich auf landwirtschaftlichen Flächen im Landkreis Rosenheim, insbesondere aber im Inntal muss auf das absolut Mindeste reduziert werden

 

Der Flächenbedarf der möglichen Neubaustrecke samt Begleitmaßnahmen, wie z.B. Anpassung der bestehenden Infrastruktur, Baustelleneinrichtung oder Kompensationsmaßnahmen, muss aufgrund der Flächenknappheit und der kleinstrukurierten Landwirtschaft in Rosenheim unbedingt weiter minimiert werden. Für die naturschutzrechtlichen  Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen dürfen keine landwirtschaftlich genutzten Flächen im Landkreis Rosenheim beansprucht werden. Vorrangig müssen Möglichkeiten einer finanziellen Abgeltung oder Ökokonten genutzt werden. Unvermeidbare Artenschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen sind durch produktionsintegrierte Maßnahmen (PIK Maßnahmen) abzugelten. Zusätzliche schädliche Belastungen für die Landwirtschaft durch Flächenverluste aufgrund von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind auszuschließen.

 

Hinweise für das Planfeststellungsverfahren

 

 

Sofern eine Umsetzung der Baumaßnahme beschlossen wird, weist der Landkreis Rosenheim vorsorglich schon jetzt darauf hin, dass im späteren Planfeststellungsverfahren zwingend folgende Punkte zu behandeln und für die Bauausführung festzusetzen sind:

 

  • Während der Bauphase ist für die betroffene Bevölkerung ein maximaler Schutz vor Lärm, Staub und Erschütterungen sicherzustellen. Dies gilt auch für touristische Destinationen.
  • Sämtliche im Einflussbereich der Baumaßnahme liegenden Trinkwassergewinnungen müssen umfassend geschützt werden.
  • Die Baumaßnahme ist so zu planen und auszuführen, dass es zu keiner schädlichen Beeinträchtigung der umgebenden Landschaft, den örtlichen Baugrundverhältnissen, angrenzenden Gebäuden und vorhandenen Denkmälern kommen kann.
  • Der Umfang der Baustelleneinrichtungsflächen ist zu minimieren und die temporäre Inanspruchnahme ordnungsgemäß zu entschädigen.
  • Während der Bauphase ist die Freihaltung von Rettungszufahrtswegen sicher zu stellen.
  • Für die Benutzung öffentlicher Straßen im Baubetrieb sind die Straßenbaulastträger von den baulichen und betrieblichen Folgelasten freizustellen.

 

Der Aushubtransport muss vorrangig über Förderbänder, die Schiene und die Autobahn erfolgen.